Das Private und das Öffentliche sind die beiden Brennpunkte der elliptischen Wege des Irrtums.
Meint Thomas Powers wirklich, es handle sich um bloß mangelnde Sensibilität, wenn Heisenberg niederländische Physiker nach seinem Besuch in den Niederlanden im Oktober 1943 in einem offiziellen Bericht an den damaligen Reichserziehungsminister und wenige Monate später zusätzlich bei den deutschen Besatzungsbehörden in Holland denunziert (Heisenbergs Krieg, S. 452)?
Macht diese „Unsensibilität“ nicht, was Goldhagen den eliminatorischen Antisemitismus der Deutschen nannte, verständlich: den Rachetrieb der Empfindlichen? Bei Thomas Powers kann man die Verstrickungen der Physik (paradigmatisch der „Kopenhagener Schule“) in die Katastrophen dieses Jahrhunderts studieren. Die SS hatte Nils Bohr liquidieren lassen wollen, die amerikanischen Geheimdienste Heisenberg.
Der Dingbegriff ist das Produkt der Instrumentalisierung (die der Ziele anderer als Mittel sich bedient). Das Feuer ist ein Reflex (die Rückseite?) der Instrumentalisierung (als Werkzeuge erfunden wurden, wurde auch das Feuer entdeckt).
In die RAF kann ich mich insoweit hineinversetzen, als sie von der Erfahrung geprägt war und davon ausgehen mußte, daß das, was sie tat, nur Wut provozieren konnte. Allein die Präventivwut der RAF ist mir unverständlich (daß sie mit dem Kollektiv der Wütenden sich gemein gemacht hat, in das Kontinuum der Wut sich hat hereinziehen lassen). Diese Präventivwut hat dazu beigetragen, die Wut der anderen Seite zu legitimieren. So ist heute die Wut zum alles beherrschenden Klima geworden. Es gibt keine Wut, die nicht kollektive Züge trägt, die nicht der Absicherung durch andere bedarf. Wut ist die Substanz der Bekenntnislogik. Empörung ist ein Wutventil, in der sie sich selbst genießt; Empörung verstärkt die Wut.
Der Ansatz zur Lösung des Problems des Lichts liegt in der Feststellung, daß die physikalische Richtung des Lichts seiner sinnlichen Richtung (der Richtung des Blicks) exakt entgegengesetzt ist. Ist das Auge des Polyphem die erste Gestalt der subjektiven Form der äußeren Anschauung? Blick und Gegenblick bedürfen zweier Augen, der Blick des Einäugigen (der Blick Polyphems) ist seelenlos. Das wirkliche Sehen ist reflektierendes Sehen, es hat die Sprache in sich; die subjektive Form der äußeren Anschauung abstrahiert von dieser Reflexion, sie abstrahiert von der Sprache. (Was ist mit den Augen von Sabine Christiansen und Ulrich Wickert?)
Neoliberalismus: Was hat es mit den noctium phantasmata, den Schreckbildern der Nacht (Vesper-Hymnus), auf sich. Sind nicht die schlimmsten Schreckbilder der Nacht die, deren Urheber sie selber nicht mehr wahrnehmen, weil sie sie auf die Andern verschieben?
Wickert
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16.3.1997
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7.3.1997
Rührt nicht der Haß auf die Prostituierten u.a. daher, daß sie für sich das Recht in Anspruch nehmen, über ihren Körper (der im Kontext der patriarchalischen Zivilisation das Eigentum des Mannes ist) selber zu verfügen?
Objektivierung und Instrumentalisierung: Grundlage der gesellschaftlichen Institutionen ist die Austauschbarkeit von Mitteln und Zwecken (Institutionen sind Mittel, die sich selbst zum Zweck geworden sind, ein eigenes Selbsterhaltungsprinzip gewinnen und so zum Subjekt werden). Instrumentalisierung ist die Verwandlung von Zwecken in Mittel, in den Institutionen werden Mittel zu Zwecken. Das transzendentale Subjekt ist das autonome, sich selbst Zwecke setzende Subjekt: So wird ihm die Welt zur instrumentalisierten Welt, zu einem Ensemble von Mitteln seiner Selbsterhaltung. Ist das transzendentale Subjekt nicht ein erkenntnistheoretischer Reflex der Institutionen (der „juristischen Personen“), deren erste der Staat (die Nation) ist? Was bedeutet dann die Verrottung des Staates für die Konstruktion des Subjekts?
Steckt nicht die ganze Kritik der Astronomie (und der Chemie?) in der Einsicht, daß es im Kontext der mathematischen Naturerkenntnis zum Inertialsystem keine Alternative gibt?
Der Himmel ist sein Thron, die Erde der Schemel seiner Füße: Heißt das nicht u.a.,
– daß es kein endgültiges Eigentum an der Erde gibt, und
– daß die Mißachtung dieses Satzes den Namen Gottes angreift?
„Heldenfriedhöfe“: Die nationalsozialistische Parole „Blut und Boden“, die die „Heiligung“ des eroberten Landes durch das Blut der Gefallenen beschwört, leugnet den Gottesnamen, sie ist blasphemisch.
Die CDU in Frankfurt wird die Ausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung über die Beteiligung der Wehrmacht an den nationalsozialistischen Verbrechen boykottieren. Hierzu der Fraktionsvorsitzende der CDU im Frankfurter Stadtparlament, Bernhard Mihm: Die Ausstellung stelle „eine ganze Generation an den Pranger“: „Wie soll ich das einer Kriegerwitwe sagen?“ (FR von heute) Sollte man nicht auch einer Kriegerwitwe die Wahrheit sagen, daß es für den „Heldentod“ ihres Mannes keine moralische Begründung mehr gibt (und nie eine gegeben hat)? Gehört nicht die Wahrheit zum Begriff der Menschenwürde? (Ich möchte nicht wie ein Psychopath angesehen werden, den man auf seinen Zustand nicht ansprechen darf, weil man seine Unberechenbarkeit fürchten muß. Aber ist das nicht die Selbsterfahrung der Deutschen heute? Wer heute noch vom „gesunden Nationalismus“ redet, ist aus dem Wahn nie herausgetreten.)
Der Faschismus hat die mythische Schicksalsidee auf ihren mörderischen Kern reduziert. In jedem Tauschakt, in jedem Erwerb fremder Güter steckt die Erinnerung an den Mord (den Mord, der im Menschenopfer einmal vollzogen und in der Institution des Königtums erinnert wurde). Über den Namen der Barbaren, der diesen Mord intellektualisiert hat, ist die Feindbildlogik in den Erkenntnisprozeß eingedrungen.
Ist nicht der Weltbegriff (als Inbegriff des mathematischen Ganzen der Erscheinungen) der mit Blut und Gewalt gesättigte „feste und Grund und Boden“ der Eigentümer, ein Reflex des staatlichen Gewaltmonopols? Die Festigkeit und Stabilität des Weltbegriffs, die die Natur zur Natur gerinnen läßt, verdrängt die historischen Gesteinsverschiebungen, die diesen Gerinnungs- und Kristallisationsprozeß begleiten, sie entrückt sie der Wahrnehmung, macht sie unkenntlich und unsichtbar.
Es ist die gleiche Sonne, die Homer und auch uns bescheint, aber die Sonne Homers, die Sonne Newtons und die Sonne von Weizsäckers sind nicht die gleiche Sonne.
Heute ist die Natur zum Inbegriff der positivistischen Verwirrung geworden.
Weiblich und männlich: Hängt nicht die instrumentalisierte Betroffenheit der Sabine Christiansen mit dem dummen Witz zusammen, mit dem Ulrich Wickert am Ende der Tagesthemen, vorm Wetterbericht, die Erinnerung an die vorangegangenen Informationen verwischt?
Als Habermas vor der Natur als Block kapitulierte, die Erinnerung an die historischen Gesteinsverschiebungen, die an der Geschichte des Naturbegriffs sich ablesen lassen, verdrängte, hat er die Grundlage für seine Kommunikationstheorie geschaffen, die unterm des heutigen Naturbegriffs steht.
Kann es sein, daß der Traum in der Bibel die Natur repräsentiert: das durchs Herrendenken Verdrängte? Kunst ist bewußte, kontrollierte Traumarbeit, und das Eingedenken der Natur im Subjekt ist Kunstkritik (und nicht so etwas wie das „Eingedenken der gequälten Natur“).
Ist Heisenbergs „einheitliche Weltformel“ der Versuch einer nachträglichen Legitimierung seines Nationalismus? -
18.6.96
Das vierte Gebot: Du sollst Vater und Mutter ehren, hat die Fähigkeit zur Reflexion des Urteils, die Kritik der Magie des Urteils, zum Ziel. Es geht darum, das Urteil aus seiner magischen Bindung ans Jüngste Gericht herauszulösen, die Frage offenzuhalten, ob das Jüngste Gericht ein urteilendes sein wird.
Enthalten nicht die ersten drei Schöpfungstage eine vollständige Urteilstheorie: Am ersten Tag werden Licht und Finsternis geschieden, und die Geschiedenen werden benannt; am zweiten Tag wird die Feste geschaffen, die die oberen von den unteren Wassern trennt, und diesmal werden nicht die Getrennten, sondern das Trennende wird benannt; am dritten Tag sollen die unteren Wasser an einem Ort (nach der Kabbala: am Ort Eins) sich sammeln: das Meer, und das Trockene soll hervortreten: das Land.
Was hat das Trockene mit der Feste zu tun? Und gehört nicht zum dritten Tag der prophetische Satz, daß am Ende der Geist die Erde erfüllen wird wie die Wasser den Meeresboden bedecken, und daß das Meer am Ende nicht mehr sein wird?
Hat nicht der Bilderstreit (vgl. Horst Fuhrmann) eine Lösung gefunden, die die Katastrophe überhaupt erst herbeigeführt hat: die Unterscheidung des Bildes von dem durch das Bild Bezeichneten? Hier ist implizit die Sprache zum Bild entmächtigt worden.
Die einzige Krone, die im Neuen Testament vorkommt, ist die Dornenkrone (bei Mt 2729, Mk 1517, Joh 192.5).
Hängt es nicht mit der Logik der Verurteilung, die bis ins Zentrum der christlichen Theologie hinein sich nachweisen läßt, zusammen, daß seit je die Hölle deutlicher und verständlicher ausgemalt wurde als der Himmel?
Horst Fuhrmann ist ein drastisches Beispiel für eine Geschichtswissenschaft, die sich selbst zum Instrument des Vergessens geworden ist. Seine Urteile sind in erster Linie Urteile ad personam, d.h. Geschwätz. So kann er auf die Himmlersche Verehrung irgend eines Heinrich „wertfrei“ hinweisen, während er den Aries einen „Sonntagshistoriker“ nennt und ein Gerücht, das es über ihn mal gegeben hat, kolportiert, ohne es für nötig zu halten, seinen Wahrheitsgehalt zu prüfen. Oder er berichtet über die Fälschungen im Mittelalter, ironisiert zugleich die Bemerkung von Hallers, daß man nicht auf Vorrat fälscht, um diese Bemerkung mit genau dem Hinweis zu bestreiten, den sie gerade problematisiert. H.F. ist nur noch „herrschende Meinung“; deshalb braucht er nicht mehr zu argumentieren. Die Heinsohn-/Illig-Gruppe, auf die mehrere seiner Themen verweisen (neben dem Fälschungsproblem z.B. auch der Fall Kammeier), wird nur verschwiegen, an keiner Stelle benannt.
Auf dem Bauche sollst du kriechen und Staub sollst du fressen: Ist das Fernsehen nicht inzwischen Zoohaltung und -fütterung des Drachen geworden?
Ist nicht der Fernsehmoderator eine institutionelle Verkörperung des „Ich denke, das alle meine Vorstellungen muß begleiten können? Nur daß im Fernsehen beides, das Ich denke und meine Vorstellungen vergesellschaftet und durch den Abgrund des Bildschirms von mir geschieden sind. Die Grundlüge des Fernsehens ist das Wort, mit dem alle Moderatoren auf die nächste Ausgabe der Sendung verweisen: „Wir sehen uns wieder am …“ Hier erscheint dieses pseudotherapeutische „Wir“, das zur Krankenhaussprache gehört und hier wie dort die Adressaten entmündigt und hospitalisiert.
Hat nicht die Ersetzung des Gottesnamens durch die Personalpronomina in der Buber-Rosenzweigschen Bibelübersetzung etwas mit Ulli Wickert zu tun?
Kommt das „Verurteilen“ in Hegels Philosophie vor (im Hegel-Register erscheint es nicht)? Wann und in welchem Zusammenhang ist es entstanden? Gehört es in seinem Ursprung zur Sprache des Staatsanwalts (ist es zusammen mit diesem Titel entstanden – der Kluge enthält weder den Staatsanwalt noch das Verurteilen)?
Steht der Grund in Hegels Philosophie (überhaupt in der Philosophie) an der Stelle, an der in der biblischen Tradition die Barmherzigkeit steht (der Mutterschoß oder der „Grund“, aus dem die Prophetie kommt)? In der Philosophie geht (trotz Heidegger), was aus dem Grunde kommt, auch wieder zu Grunde. Der „Mutterschoß“, aus dem die Philosophie (der Begriff) hervorgeht, ist das Schicksal, die mythische Schicksalsidee.
Kritik zielt auf Begriffe, nicht auf Objekte; darin liegt ihre reinigende Kraft.
Mit dem Inertialsystem setzt sich das Subjekt ans Ende der Zeitreihe (tauft es die Welt, die so zur Welt wird, mit der Taufe der Vergangenheit, antizipiert es das Ende der Welt), aber tut das nicht in der geldwirtschaftlich determinierten Realität der „Reiche“, das kapitalistische Wirtschaftssubjekt? Ist nicht das Bewußtsein des Entronnenseins eine der Verführungen des Geldes: die Subsumtion der Zukunft unter die Vergangenheit? Diese Vorstellung ist der Grund des Hegelschen Weltgerichts, gegen das Jakobus das Gericht der Barmherzigkeit über das gnadenlose Weltgericht setzt.
Was hat das Weltgericht mit der Sexualität zu tun?
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